Die Prussia-Sammlung im Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin

Jan 2013

Prussischer Kopfschmuck der Ordenszeit: Diademe aus Bronzeblech

Die Reidentifikation eines flachen Bronzebleches mit Mittelrippe und Buckelpunzen als Bestandteil eines Diadems aus der ordenszeitlichen Nekropole von Gerdauen lenkt die Aufmerksamkeit auf einen besonderen Kopfschmuck bei den einheimischen Prussen im 14./15. Jahrhundert.
Das 16 cm lange und 3 cm breite Fragment, das sich unter dem fundortlosen Bestand der sog. Pr-Nummern befand, passt haargenau an ein Bronzeblech mit eingehängtem Ring aus der Nekropole in Gerdauen: das zugehörige andere Ende des Diadems hat sich nicht erhalten, bestand aber wohl nach ähnlichen Grabfunden aus Gerdauen aus einem volutenartig aufgerolltem, breitem Abschluss, der in den Ring eingehängt wurde.


(Diadem aus Gerdauen, Kr. Gerdauen mit zwei aneinander passenden Fragmenten).

Eine weitere Verschlussvariante solcher Diademe zeigt ein Objekt aus der gleichzeitigen Nekropole von Unterplehnen im Kreis Rastenburg, deren Funde sich ebenfalls zum Teil in der Berliner Prussia-Sammlung erhalten haben: die Diademenden laufen hier in Haken aus, die um 90-Grad gegeneinander versetzt angebracht sind und so bequem miteinander verhakt werden können (Zeichnung Diadem Unterplehnen).
Die Grabbefunde aus Unterplehnen – sowohl aus den Grabungen vor 1945, als auch nach dem 2. Weltkrieg – erlauben die Ansprache der Bronzebleche als auf der Stirn getragene Diademe. An einigen Diademfragmenten aus Gerdauen haben sich auf der Innenseite Gewebereste erhalten, die von einer textilen Kopfbedeckung der Bestatteten zeugen könnten. Zudem lässt sich sowohl an den Funden aus Gerdauen als auch Unterplehnen beobachten, dass die dünnen Bleche oft mehrfache Reparaturen aufweisen. Sie wurden also nicht erst für die Grabausstattung angefertigt, sondern waren ein geschätzter, häufig getragener Kopfschmuck der prussischen Tracht.


(Diadem aus Unterplehnen, Kr. Rastenburg, Zeichnung: C. Hergheligiu)

Bis zum 12./13. Jahrhundert wurde bei den baltischen Stämmen Kopfschmuck in Form von Kolliers aus mehrteiligen Strängen oder auf Leder bzw. Textil befestigten kleinteiligem Bronzeschmuck getragen. Die blechartigen Diademe des 14. und 15. Jahrhunderts erinnern mit ihren unterschiedlichen Hakenenden und ihrem flachem Querschnitt dagegen eher an die flachen, zungenartigen Enden litauischer Halsringformen des 14./15. Jahrhunderts.

(Norbert Goßler)